Auf der Kö in Düsseldorf
Ein Vetter von mir kam erst 1949 im November aus russischer Kriegsgefangenschaft zurück.
In seine Heimat Ostpreußen konnte er nicht mehr, so kam er nach Düsseldorf. Wir waren für viele Verwandte ein fester Punkt nach dem Krieg. Georg bekam sehr schnell eine Arbeit beim statistischen Landesamt. Im Anschluss bekam er eine Anstellung bei der Eisenbahnversicherungskasse. Georg besaß schon Mitte der 50iger Jahre einen viertürigen Mercedes.
Einmal waren wir zusammen mit noch einem anderen Ehepaar in der Altstadt gewesen, wir feierten fröhlich und tranken auch einiges. Mein Mann fuhr das Auto. Statt am Ende nach Hause zu fahren, sagte Georg: „Wir fahren jetzt noch zur Kö-West. Da kenn ich eine frühere Kollegin, die gehen wir jetzt ärgern.“
An der Kö-West standen die sogenannten Bordsteinschwalben in Grüppchen. Georg ließ anhalten, drehte eine Scheibe herunter und rief: „Alle herkommen und Geld abliefern!“
Dann platzierte er eine Frau neben sich auf den Beifahrersitz neben sich. Zwei Prostituierte auf den Schoß des anderen Ehemannes. Wir saßen zu sechst auf der Rückbank. Wir fuhren eine ganze Weile die Kö rauf und runter, immer im Karree. Die Fenster im Auto waren inzwischen alle offen. Die Prostituierten im Wagen beschimpften ihre Kolleginnen, die dort standen, auf das Übelste, wie sie es oft von den Männern ertragen mussten. Wenn ich die Bordsteinschwalben woanders gesehen hätte, wäre mir nicht aufgefallen, welchen Beruf sie gehabt hätten. Sie redeten von den intimsten Sachen ihres Geschäftes, als ob es sich um z.B. Apfelsinenhandel drehte. Wir haben so gelacht, dass uns die Gesichtsmuskeln weh taten. Für deren Geschäft war es noch zu früh. Da stand eine elegant gekleidete Dame in hellblauem Kostüm mit einer hellblonden Hochsteckfrisur. Eine Frau aus unserem Auto rief: „ Die hat alle unsere Freier mit Tripper angesteckt.“ Die Brünette neben Georg erzählte, sie habe ein Kind geboren und habe noch Wochenfluss. Jetzt könne sie nur „französisch“. Eine sehr junge Frau von der Rückbank wiederholte dauernd, sie gäbe eine Flasche Sekt aus, wenn sie Georg mal vernaschen könnte.
Das Ganze war so irre für mich!


Ingrid Basile