Donnerstag, 23. April 2020
Elfchen von Johanna Pullen
Augenblick
Lauer Wind
zart und unaufdringlich
weht durch mein Haar
Ruhe


Angst
Keine Angst
schaut genau hin
Leben ist uns gegeben
Lebe


Licht
durchdringt mich
zeigt sich grenzenlos
Schiebe die Schatten beiseite
Erlösung


Kreativität
Wäre schön
Hätte nichts dagegen
Wie soll es geschehen
Mach`s


Alleine
Macht nichts
Hab mich ja
Ich find mich toll
Zusammen




Mittwoch, 22. April 2020
Elfchen Gedanken
Wohin
Frag mich
Ist die Göre
Aufmüpfige, freche von früher
Verschwunden?


Verwundert
Erkenne ich
Die Zeit vergeht
So schnell wie nie
Zurzeit

Alltag
fehlt mir
Wo seid Ihr?
Freunde, Verwandte, so vermisst
Fern

Lachen
Laut, übermütig
Möchte ich gerne
Manchmal lache ich einfach
Unbeschwert

Mut
Macht mir:
Im Dunklen singen
Wissend bald wird es
Hell



Elfchen von Christa Reinke
Langsam
Die Muße
Die Muße tut
gut, ich erhole mich
endlich

Ängstlich
Die Ungewissheit
Die Ungewissheit lähmt
Ich habe große Angst
Hoffnung

Entspannt
Die Zeit
Die Zeit heilt
Ich komme zu mir
Endlich



Elfchen von Helga Gondek
Sonnige
himmelblaue Frühlingstage
laden uns ein
doch wir bleiben Daheim
schade

Warum
schneller Wandel
nichts ist selbstverständlich,
das habe ich begriffen,
lehrreich



Dienstag, 21. April 2020
Elfchen von Bärbel Linden
Arbeit
Viel Arbeit
Zu viel Arbeit
Viel zu viel Arbeit
Sonnenschein


Alltag
Alles wie
Immer, und doch
Vieles anders. Weniger ist
Mehr


Corona
Corona Corona
News Sondersendungen Spezial
Ich werd noch verrückt.
Aus


Elfchen
Was für
Ein Spaß, Elfchen
Zu schreiben. Freude und
Lachen.


Was
Für ein
Glück. Spargel, Erdbeeren
Rhabarber. Der Frühling schmeckt
Süß.


Schmecken
Und riechen
Spargel, Erdbeeren, Rhabarber.
Der Frühling schmeckt süß.
Wunderbar.



Montag, 20. April 2020
Elfchen zum Tage
Zeit
Zum Grübeln
Nachtgedanken flattern düster
Vogelgezwitscher mischt sich ein
Sonnenaufgang



Elfchen von Christa Anderski
Nähe
Entfernte Nähe
Tränen rinnen leise
Medien schaffen sichtbare Nähe
Tränen rinnen leise unter Lachen
Nähe?



Sonntag, 19. April 2020
...und noch mehr Elfchen
Einkaufszettel
Dringen benötigt:
Glaube, Liebe, Hoffnung
Bring uns das bitte
Schnell



Glauben
An Gutes
Fällt immer schwerer
Gibt es noch Hoffnung?
JA


Liebe
Bleibt uns
Wir vertrauen darauf
Die Hoffnung stirbt zuletzt
AMEN



Samstag, 18. April 2020
Mein CoronaTagebuch und einige Gedanken dazu
Schon im November 2019 hörten wir davon. Ein gefährliches Virus war aufgetaucht. Nichts Neues, wir hatten schon einige erlebt. SARS, Ebola um nur zwei zu nennen. Viele Tote hatte es gegeben in Afrika, schreckliche Bilder sahen wir in den Medien, zu Spenden wurde aufgerufen und Hilfsprogramme gestartet. Aber es war weit weg von uns. Jetzt war in China ein putzig aussehender, aber hochansteckender z.T. tödlich wirkender Krankheitserreger aufgetaucht. Wieder weit weg von uns in Europa. Niemand machte sich ernsthaft Sorgen.
Aber dieses Mal war es ganz anders. Die Berichte wurden von Tag zu Tag schlimmer. Sprunghaft stiegen die Zahlen von infizierten und gestorbenen Menschen.Rigorose Ausgangsbeschränkungen wurden eingeführt. Befürchtungen, dieses Virus könne sich über die ganze Welt ausbreiten, kamen auf. Aber noch waren viele der Ansicht, in Europa würden wir besser fertig damit. Unser Gesundheitssystem sei gut aufgestellt und schlimmer als eine Grippe könne es nicht sein. An unserem Stammtisch nach der Montags Abendgymastik tönten die Männer, bei uns könne man sich solche strengen Quarantäne Maßnahmen nicht leisten, sonst ginge die Wirtschaft pleite. Das wird nicht so kommen bei uns, waren sich die Männer einig. Wir Frauen schwiegen zunächst. Ich war mir da nicht so sicher und verlieh meinem mulmigen Gefühl Ausdruck. " Alles Blödsinn, durch Grippe sterben auch viele. Darüber redet keiner" war der allgemeine Konsens.
Schon Ende Januar sah alles ganz anders aus. Längst war die Rede davon, vom Händeschütteln abzusehen. Ein Lächeln genügt. Spätestestens als im Februar nach Karneval die ersten Coronafälle in Deutschland, Österreich, Italien und Spanien auftauchten, wurde es ernst. Immer öfter hörten und lasen wir von allgemeinen Ausgangsperren. Das Virus nahm Fahrt auf. Die Lage spitzte sich zu. Wie in China explodierten die Krankheits -und Todesfälle. Dies sei erst der Anfang, warnten die Wissenschaftler.
Am Montag,den 09. März
hörte ich auf eine Versammlung der Zahnärztekammer von besorgten Kollegen, es gäbe nicht genug sichere Mundschütze und Desifektionmittel. Die Depots könnten
nicht mehr liefern. Der Vertreter vom Gesundheitsamt rang die Hände. Er wüßte auch nicht..,aber er würde sich kümmern. Bitterer Hohn der anwesenden ZahnärztInnen schlug ihm entgegen. Der Sizungsleiter bat um Mäßigung.
" Möchtest Du wirklich immer noch in meiner Praxis die Vertretung übernehmen? " fragte meine Freundin Lena, der am Mittwoch eine Operation bevorstand." Ich könnte verstehen, wenn Du davon zurücktreten willst"
Ich hatte Ihr für drei Wochen zugesagt und mich sehr darauf gefreut. Es wäre eine schöne Abwechselung für mich als Rentnerin.
" Ja klar! So schlimm wird es wohl nicht werden. " lautete meine Antwort.
Am Mittwoch, den 11. März
rief meine Tochter Silke an : " Ich bin gerade in der Metro und kaufe ein paar Vorräte, brauchst du irgend etwas?" Merkwürdig, das hatte sie noch nie getan. Ich überlegte, "Vielleicht etwas Basmatireis " " Sonst nichts? " Sie klang erstaunt." Hast du genug Vorräte für die nächsten vierzehn Tage?" " Wozu, ich gehe morgen nach der Arbeit einkaufen" mir war das Ganze schleierhaft.
" Arbeiten? Hast du dir das gut überlegt? Du gehörst zur Hochrisikogruppe in deinem Alter."
"Wir arbeiten doch mit Mundschutz und Gummihandschuhen. Du musst Dir keine Sorgen machen" Ich verschwieg, dass diese kleinen dünnen Mundschütze den Beschuss von Coronaviren nur unzureichend abwehren könnten.
Nach diesem Telefonat war ich etwas unruhig. Es wäre nicht falsch, gleich noch zum Supermarkt zu fahren, um wenigstens ein paar Vorräte aufzustocken.
Seit wir Rentner sind kaufen wir alle paar Tage ein und haben kaum etwas an Lebensmitteln im Haus.
Im Supermarkt wunderte ich mich über die leeren Nudelregale. Beim Reis sah es nicht anders aus. Anscheinend waren die Leute in Panik geraten. Bestimmt ist morgen alles wieder da, dachte ich. Vorsichtshalber nahm ich das letzte, etwas eingedellte Packet Makkaroni mit. Tomaten in Dosen gab es nur noch drei und Kokosmilch gar nicht. Im Geiste ging ich durch, was ich noch als Vorrat gebrauchen könnte. Viele Konserven gab es nicht mehr, aber , mit dem was ich zuhause hatte, würde es ein paar Tage vielleicht sogar zwei Wochen reichen.
Am 12. März
begann mein erster Arbeitstag. Das mir gut vertraute Team von Helferinnen begrüßte mich sehr herzlich mit Abstand. Ich freute mich auf die Arbeit und der Tag verlief reibungslos.
In der Mittagspause hatte ich mich mit meinem Mann verabredet. "Bei Aldi gibt es kein Klopapier mehr" war seine Begrüßung. Das gab mir zu denken. Im Haus, in dem sich die Zahnarztpraxis befindet, gibt es einen Supermarkt. Sollten wir lieber sofort schauen, ob es dort Toilettenpapier gab? " Laß uns erst einen Kaffee trinken ", meinte Ingo" Morgen gibt es bestimmt wieder alles." Aber ich hatte keine Ruhe und so gingen wir sofort hinein und kauften eine, von den drei noch vorhanden Großpackungen und noch ein wenig, länger haltendes Gemüse. Ich hatte mich nicht anstecken lassen wollen von der Panik, aber jetzt fühlte ich mich gezwungen so zu reagieren. Das ärgerte mich und in mir wuchs das Gefühl des Ausgeliefertsein und der Hilflosigkeit.
Am Freitag, den 13. März
kamen wir, ohne es zu wissen, zum vorerst letzten Mal zu Erny, um zu schreiben. Sie teilte uns das per Email am Montag darauf mit, zusammen mit einer Geschichte zum Weiterschreiben und einigen Schreibanregungen.
Am Sonntag, den 15. März
eröffnete uns unser Pfarrer während des Gottesdienstes, dass vorläufig bis Ostern alle Kirchen geschlossen seien. Er wolle uns jeden Tag einen Bibelvers per Mail oder WhatsApp schicken, den er mit Kreide auf die Straßen rund um die Gemeinde schriebe und fotografiere.
Aus Angst vor Ansteckung waren viele der Älteren diesen Sonntag schon nicht gekommen. Die Kirche war noch leerer als sonst.
Am Montag, den 16.März
endete mein zweiter Arbeitstag bereits Mittags. Meine Freundin kam, noch geschwächt von der Operation, in die Praxis. Sie bat mich, die Arbeit nicht fortzusetzen. Sie könne es nicht verantworten, mich der Gefahr einer Ansteckung auszusetzen. Falls das geschähe, würde sie ihres Lebens nicht mehr froh. Da sie selbst noch nicht wieder arbeiten könne, habe sie alles gut organisiert, sowohl für ihre Mitarbeiterinnen als auch für etwaige Notfallpatienten.
Von einem auf den anderen Moment fühlte ich mich zehn Jahre älter. Hochrisikogruppe! Das hatte Silke auch erwähnt. So fühlte ich mich gar nicht.
Zum Trost ging ich mit Ingo einen Cappuccino trinken. Die Eisdiele war fast leer. Der Chef, der uns sonst immer mit " Bis morgen" verabschiedete, war sichtlich gedrückter Stimmung und sehr schweigsam.
Abends fand keine Gymnastikgruppe statt und auch der Stammtisch entfiel.
Am Dienstag, den 17.März
rief Silke wieder an. Sie war erleichtert, dass ich nicht mehr arbeitete. Wir sollten bitte nicht mehr einkaufen, sie mache das gerne für uns. "Ich bringe es Euch vorbei, kontaktlos versteht sich"
" Was soll das? Die können uns doch nicht einsperren. Das ist totaler Blödsinn" ereiferte sich Ingo
" Spazieren gehen und Radfahren könnt Ihr noch" insistierte Silke " Dabei ist die Ansteckungsgefahr gering"
Ja mir war klar, dass es darum ging die Zahl der Ansteckungen in Schach zu halten. Italien, Spanien und Österreich kämpften bereits mit esponentiell steigender Zahl von Infizierten und Gestorbenen. Es gab zu wenig Betten, zuwenig Beatmungsgeräte, zu wenig ÄrztInnen, zu wenig PflegerInnen zu wenig Sicherheitsausrüstungen, zuwenig von allem. Auch wenn in Deutschland behauptet wurde, bei uns sei alles besser, glaubte ich das nicht. Also stimmte ich Silke schweren Herzens zu. Sie hatte genug zu tun mit ihren drei Kindern, die nun nicht mehr zur Schule gehen konnten, weil auch diese geschlossen hatten.
Mein Malen Dienstag Abends wurde ebenfalls bis auf weiteres ausfallen und das Fitnessstudio war geschlossen.
So geht es immer weiter mit den Einschränkungen. Die Tage, bar jeglicher Struktur, plätschern dahin und vergehen. Kein Sport, kein Malen, kein Schreiben - dafür morgens spät aufstehen, Mails checken, WhatsApps lesen, mit Freunden chatten, anrufen, Witze über Toilettenpapier, Trump und Konsorten, lustige oder besinnliche Videos austauschen, Zeitung lesen, Radio hören, Mittagessen zubereiten, sich Sorgen machen um unsere Kinder und Enkelkinder, um die Umwelt, um die vielen übermüdeten ÄrztInnen, PflegerInnen, VerkäuferInnen und sonstige systemrelevanten Personen, über die vielen, die jetzt kein Geld haben.
Die Wohnung putzen, Spiele spielen und und und.
Ein schlechtes Gewissen haben, weil es uns doch gut geht und wir wenig tun können, um andere zu entlasten.

In den Nachrichten hören wir seit neuestem von Lockerungen hier und da und dann und wann. Aber nichts ist sicher, alles bleibt vage. Dort wo genauer formuliert wird, regt sich sofort Protest gegen vermeintliche und echte Ungerechtigkeiten. Wie wird es sein, wieder zur Normalität zur zu kehren? Wird es jemals wieder sein, wie es vor Corona war? Gerade erholt sich die Natur. Die Luft ist reiner, das Wasser ist klarer, es gibt wieder Schildkröten an den ehemaligen Touristenstränden von Thailand. Wäre schön, wenn es in dieser Richtung voran ginge.

Vergleiche mit früheren Seuchen wie Pest und Cholera drängen sich auf. Als Strafe Gottes wurden sie betrachtet, weil die Menschen nicht gottesfürchtig genug gewesen wären.
Heute heißt es, das Universum rächt sich, die Erde setzt sich zur Wehr, gegen den Mißbrauch der Natur, gegen menschliches Machtstreben und Gier.
Damals schworen die von der Pest und Cholera verschont gebliebenen Besserung, nähme Gott diese Strafe von ihnen. Abgesehen davon, dass Pest und Cholera nie eine Strafe Gottes waren, sondern durch mangelnde Hygiene und Unwissen gefördert wurden, ein wenig Demut täte uns gut. Wir sind eben nicht Herrscher und Beherrscher des Universums, sondern es ist uns aufgetragen, die Schöpfung zu bewahren. Dazu gehören Menschlichkeit und Achtung für alles Leben, genauso wie Wissenschaft und Forschung zum Wohle der Umwelt und der Menschheit. Mein Traum ist, dass wir aus dieser Krise lernen.



Freitag, 17. April 2020
Elfchen von Michael Schönberg
Nacht
Viele Gedanken
Was ist Morgen?
Wer ist der Nächste?
Hoffnung


Blüten
Schöner Frühling
Den Balkon genießen
Die trüben Gedanken vergessen
Zeitlos


Freizeit
Zu zweit
Liebe ist Glück
Die Zeit steht still
Festhalten



Donnerstag, 16. April 2020
Elfchen von Ingrid Denzel
April
mit Blütenpracht
aber allein zuhause
ist wie Weihnachten ohne
Geschenke.


Oh
Wie öde
Ist das Leben
Der Alltag plätschert dahin
Ziellos

Träumen
Darf ich
Verboten ist nichts
Was mich glücklich macht
Glücklicherweise

Ausnahmsweise
Schlafen wir
Nur heute mal
Bis in die Puppen
Hurra

Antriebslos
Trödeln wir
Den ganzen Vormittag
Bis wir endlich entscheiden
Los

Ingrid Denzel



Samstag, 11. April 2020
Wie die Dummheit auf die Welt kam.
Als der Schöpfer des Himmels und der Erden mit seiner Arbeit soweit fertig war, setzte er sich in seinen Lehnstuhl und überlegte nochmals, ob alles richtig und gut war, so wie er es geschaffen hatte. Er betrachtet die Bäume und die Tiere auf der Erde und die Vögel in der Luft und kam zu dem Schluss, das er alles wohldurchdacht und verhältnismäßig erschaffen hat. Ein jedes Tier, jede Pflanze und ein jeder Baum hatte sein Auskommen und genügend Raum um sich zu entwickeln und die Art zu erhalten.

Als der Schöpfer sich in Gedanken versunken in seinem Stuhl zurücklehnte, dachte er, aber irgend etwas fehlt doch noch. Da gibt es außer mir niemanden, der all das was ich so sinnvoll geschaffen habe bewundert oder auch nutzen kann.
Da der Schöpfer aber über seinen Gedanken eingeschlafen ist, war sein letzter Gedanke sich dem Thema zu einem späteren Zeitpunkt zu widmen. Am nächsten Tag wachte der Schöpfer auf und dachte; was hatte ich doch für einen hilfreichen Traum. In ihm habe ich den Menschen gesehen, wie er aufrecht gehend auf meinem Planeten leben würde, zum Wohlergehen aller.
Aber so überlegte der Schöpfer, dieser Mensch muss wohl durchdacht werden, damit alles auf der Welt im Gleichgewicht ist.
So setzte sich der Schöpfer erneut hin, um über einen adäquaten Menschen nachzudenken. Der Prototyp war schnell erdacht, nur sollte er so ganz anders als die Tier - und Pflanzenwelt sein.
Während der Schöpfer so durch seine Garten Eden spazierte, traf er auf eine Schlange die zu ihm sprach:
„Herr, überlege gut was für Eigenschaften deine Menschen haben sollen, denn wenn Du nicht aufpasst werden sie dir auf der Nase herumtanzen“.
Der Schöpfer dankte der Schlange für ihren Hinweis und dachte, so ganz Unrecht könnte die Schlange wohl nicht haben. Ich muss also einen Menschen erschaffen der ehrlich, verantwortungsbewusst ist, von Rücksichtnahme lebt und die Liebe als höchstes Gut anerkennt.
Die weniger schönen Eigenschaften werde ich einfach nicht in so großen Mengen bereit stellen. Leider muss ich sie in kleinen Portionen anbieten, um dem Menschen die Möglichkeit der Unterscheidung zu geben. Gerne würde ich ganz auf sie verzichten, aber das geht nicht so einfach, da Dualität eine Gesetzmäßigkeit bedeutet.

Als der Schöpfer nach langem Gehen an einem Apfelbaum vorüber kommt, spricht ein Apfel zu ihm und sagt:
„Herr, bitte sorge dafür, das Du einen verantwortungsbewussten Menschen erschaffst, der von meinen Früchten lebt und aus diesem Grunde auch sorgsam mit mir und den Meinen umgeht“.
Der Schöpfer bedankte sich bei dem Apfel und dachte; ich muss darauf achten, das die Menschen von den Früchten der Erde leben können, ohne diese über die Maßen zu belasten.
So legte der Schöpfer eine Pause ein und dachte; das ist wohl die schwerste Aufgabe meiner ganzen Schöpfung überhaupt.

Während er noch darüber nachdachte wie die Menschen beschaffen sein sollten ließ er große Hallen errichten. In diesen einzelnen Hallen sollten die Menschen das nötige, geistige Rüstzeug bekommen um anständige Erdenbewohner zu werden.

In der ersten Halle lag die Liebe in großen Mengen verpackt, von der jeder Mensch sich eine für ihn nötige Portion nehmen sollte. In der zweiten Halle lagerten Rücksichtnahme und Ehrlichkeit.
Eine Halle weiter war mit Empathie und Menschlichkeit gefüllt, auch hier sollte sich jeder Mensch nach Herzenslust nehmen was er wollte. So gab es eine Vielzahl von Hallen mit allen guten und weniger guten Eigenschaften, die einen Menschen ausmachen sollten.

Aber was nützten die einzelnen Eigenschaften, wenn der Mensch diese nicht einzusetzen und zu nutzen weiß, so dachte der Schöpfer. Ich muss ihnen ein Instrument an die Hand geben, mit dem sie in der Lage sein werden ihre Eigenschaften zu erkennen, sie zu nutzen und zu wahren.

So endschied sich der Schöpfer den Menschen ein Gehirn zu geben. Ein wenig unsicher, ob das so richtig sei, war er schon, aber er hatte die Hoffnung und den Glauben, dass das was er so gut durchdachte hatte nicht falsch sein könne.

So fing er an eine Vielzahl von Menschen zu erschaffen, um diese durch die einzelnen Hallen zu begleiten und sie mit dem notwendigen Rüstzeug auszustatten.
In einer winzigen Halle, ganz am Ende des Ausstattungsweges hatte der Schöpfer, zwecks Unterscheidungsmöglichkeit, ein ganz kleine Menge Dummheit in absolut dichten Verpackungen untergebracht, in der Hoffnung das die Menschen soviel gutes Rüstzeug mitbekommen haben, das sie dieser Halle keine Beachtung mehr schenken würden. Die meisten Menschen gingen an dieser Halle ungeachtet vorüber, denn sie waren mit so vielen guten Eigenschaften ausgestattet das sie nichts mehr tragen konnten. Zumal alle Eigenschaften den Vorteil hatten sich durch intensive Nutzung zu vermehren.

Jedoch gab es von seinen, so liebevoll erdachten Exemplaren einige, die unbedingt auch durch diese kleine Halle gehen wollten. Dies geschah dann auch und als die Menschen diese Halle betraten, nahm die Dummheit augenblicklich Besitz von ihnen. In wilder Hast stürzen sie sich auf die Verpackungen und griffen soviel Dummheit, das sie diese garnicht mehr tragen konnten. Einige der Hallenbesucher warfen von den guten Eigenschaften, aus den zuvor besuchten Hallen einen großen Teil über Bord, um von der Dummheit mehr tragen zu können.

Als diese Menschen die Halle verließen, merkten sie sofort, das bei ihnen etwas anders war, als bei den Menschen die sich den Besuch der letzten Halle erspart hatten. Sie merkten recht schnell, das ihre guten Eigenschaften zu wenige waren um gegen den Drang der Dummheit anzukommen.
So verfielen die Menschen der Dummheit immer mehr, da sich auch diese bei häufiger Nutzung stetig mehrte.
Die Verbreitung der Dummheit nahm immer mehr zu, sodass sich auch die Menschen mit den vorwiegend guten Eigenschaften immer mehr von der Dummheit einfangen ließen.


Anmerkung:
Dieser Vorgang ist bis heute ungebrochen und wohin uns das führt kann man mehr denn je erkennen, wenn man zu den Menschen gehört, die auf den Besuch der letzten Halle verzichtet haben.



Mittwoch, 8. April 2020
Was sollen wir tun
"Ohne sorge sei ohne sorge sei ohne sorge..." schrieb Ingeborg Bachmann in ihrem Gedicht „Reklame“ 1956 und meinte den verheerenden Einfluss von Werbung auf das Denken und Fühlen des Menschen, der auf knallbunte Plakatwände starrt, indessen er sich in seinem Leben unsicher und gefährdet fühlt und keine Antworten findet.
Heute muss ich so oft an diese Verse denken, die mich 1968 als junge Erwachsene trafen und mich einführten ins weite Feld der Lyrik und ebenso in das Feld drängender gesellschaftlicher Fragen.
Entscheidende Antworten fehlen uns auch jetzt wieder, schon wieder. Die buntgelben Werbeplakate schweigen. Niemand, der sie in den leeren Innenstädten noch anschaut. Sie wanderten ins private Kämmerlein, drinnen ein PC steht, der ein Tausendfaches an Verknüpfungen und Verbreitungen hervorbringt, als die paar Printmedien der 50er Jahre sich nur hätten erträumen können. Aber hilft uns das jetzt?
Ja, es hilft, den täglichen Blog von Christian Drosten zu hören, der uns das Wesen des Virus erklärt. Ja, es hilft, die neuen Studien von Hendrick Streeck zu verfolgen, der endlich die genauen Infektionswege herausfinden wird. Es hilft, jeden Abend von Montag bis Donnerstag wegzutauchen, weil im Radio eine sehr wohltönende Stimme den Weltliteratur-Klassiker „Jane Eyre“ vorliest, ja, sie liest es dir vor, die du auf dem Sofa liegst und dich mit einer Decke eingehüllt hast gegen die unverhältnismäßig große Kühle der Jahreszeit, gegen die Kälte der Zeit überhaupt und gegen den Todeshauch des überaus ansteckenden Virus.

- Ein Mann in Anzug und roter Weste tritt formvollendet an deine Seite, lauscht auf deine Worte, fragt dieses oder jenes. Du denkst, was für ein höflicher Mensch und gibst gerne Auskunft.
Doch dann dämmert es dir und du bemerkst auf einmal den Schauer, der dir schon die ganze Zeit leise über den Rücken lief. Denn dieser Mann kehrt immer wieder und stellt sich still an deine Seite und nach einer Weile, wenn du ihn wieder herannahen siehst, spürst du diese feine Resignation in deiner Seele. Du begreifst, er bringt dich dazu aufzugeben und einzusehen, dass du keine Wahl hast, dass er gewinnen wird, dass du dran bist, dass du verloren bist. Er sagt gar nicht viel, fragt höchstens nach deinen Gewohnheiten und beobachtet deine Wege und wenn er genug über dich weiß, dann kommt er zum letzten Mal und nimmt dich mit. Ich beobachte das bei einer Frau, die er zum Schluss mit in das letzte Zimmer nimmt, es ist klar, das ist ihre letzte Station, das ist ihr Ende. Ich sehe ihr schmerzvolles Gesicht, ich spüre ihre Ergebenheit, es ist jetzt ihr Schicksal. Ich kann dort nicht eingreifen, das steht mir nicht zu. Meinen Weg hat der Mann auch schon ein paarmal gekreuzt, aber er hat mich nicht angeschaut, er meinte mich noch nicht und ich habe ihn auch nicht hereingelassen. Ich vertraue auf meine Kräfte und ich spüre meine starke Anbindung an das Helle, die Weite, die Tiefe, das Göttliche, ich fühle mich aufgehoben, ich fühle mich getragen im Vertrauen. Das ist das, was ich „tun“ kann. Aber es ist sehr viel. -

Ich denke an Jane Eyre, die starke, selbstbewusste und ehrgeizige sowie überaus intelligente junge Person, deren Aufwachsen ich allabendlich im Radio miterlebe. Käme sie heute besser zurecht und wenn ja, welche ihrer Eigenschaften würden ihr helfen? Der unbedingte Drang gehorsam zu sein? (Wir halten die Regeln ein, Frau Merkel!) Die Höflichkeit. (Bitte nach Ihnen!) Die Unterordnung. (Die Regierung macht das alles ganz gut.) Die Intelligenz. (Viren – die kleinsten Herrscher der Welt!) Das künstlerische Talent. (Bei so viel Zeit zu Hause: Malen, singen, Klavier spielen oder lernen Sie doch eine neue Sprache!) Die Schulbildung. (Wir müssen jetzt alle vernünftig sein!) Das Aufmüpfige. (Ist die Demokratie gefährdet?) Das Trotzige. (Und ich besuche jetzt doch meine beste Freundin!) Die unübersehbare Fähigkeit zur Resilienz. (Ich vertraue.) Hilft davon etwas?

Mein Mann hat heute eine Packung Mehl ergattert. Feinstes „Oberkulmer Rotkorn Dinkelmehl ohne Weizeneinkreuzung“, das Paket für 4,59 €. Die Erzählungen von meinem Vater aus der Nachkriegszeit weisen eine große Ähnlichkeit auf, wie sie in Schlangen anstanden und wie sie jubelten, wenn sie eines der begehrten Weißmehl-Pakete mit nach Hause nehmen durften. In der Zeitung erinnert jemand an die Spanische Grippe, ein Foto zeigt die eng aneinander grenzenden Eisenbetten in der Veranda eines Krankenhauses. Oft schon zogen mir Bilder der mittelalterlichen Pest durchs Gehirn, wann finden wir rote Kreuze auf den Haustüren? Angst und Bange wird mir, wenn von einer neuen App gesprochen wird, die über die Kennzeichnung Corona-Kranker es den Gesunden ermöglicht, ihnen auf der Straße auszuweichen…Halt, nein, so soll es doch gar nicht kommen, nein, nur nachträglich kann ich mit der App feststellen, dass ich Infizierten begegnet war. Dann weiß ich, ich hatte wohl Pech. Was ist mit uns los?

Und was macht unser Gehirn mit dem Virus? Selbst die Erklärung von Christian Drosten gerät in meinem Kopf zum Kriminalroman, ich sehe das verdammte Virus vor mir, wie es sich schützt und ummantelt, auf dass es nicht zu früh erkannt wird, Sherlock Holmes fällt mir ein mit seinem mittelbraunem Trenchcoat, auch das Virus trägt wohl solch einen Trenchcoat und schnürt den Gürtel ganz, ganz eng und in dem winzigen Moment, wo meine Immunzellen es erkennen können, schwups, da ist es schon hineingeschlüpft in die Zelle und lädt seine DNA ab. Oder meine Immunzellen haben es erwischt. Ich hoffe natürlich ständig auf letzteres. Wir alle hoffen.

Und dann gibt es die Schriften der Weisen, der Menschen, die Fachleute für den Wandel sind. Es ist Transformationszeit, sagen sie. Sie sehen die Möglichkeit einer neuen Ära heraufziehen, einer gerechteren Gesellschaft und einer achtsameren, weniger kapitalistischen Wirtschaft, einer besser geförderten Ökologie, eines besser vorbereiteten Gesundheits-Systemes, so dass die großen Krisen unseres Jahrhunderts besser bewältigt werden und das Wohlergehen und der Friede besser unterstützt werden können. Vielleicht kommt es ja genau so?

Jane Eyre, was sagst du dazu?
Werde ich’s kriegen, Jane, sag es mir? Sind meine Tage gezählt, jaja, das sind sie ja immer, aber ist die Zahl nur noch klein, winzig klein, sag es mir, Jane. Oder hilft auch mir dein Mut, dein Hut und deine schöne schwarze Weste, an die du die einfache, aber schmucke Brosche gesteckt hast, damit du dich vor dem Schlossherrn überhaupt sehen lassen kannst? Wie du war auch ich eine Art Gouvernante, zuerst im öffentlichen Leben mit vielen Schulkindern, dann im eigenen Hause, zuletzt mit jungen Erwachsenen, die ich Vieles lehrte und mit ihnen zusammen lernen konnte. Was kann ich von dir lernen, Jane, sag es mir, ach sag es mir doch.

Zeit verstreicht, Zeit ist verstrichen, Jane „lebte“ im 19.Jahrhundert, Alexander Fleming, der Erfinder des Penicillins, um 1930 und nun brauchen wir wieder ein Medikament, es wäre gut, eines gegen das Virus und andere Viren zu haben, los strengt euch an, ihr Forscher, die Menschheit wartet auf euch.

Bis dahin aber leben wir. Die ZEIT betitelte das als „Menschheitsaufgabe“. Wir leben vor uns hin. Wir beachten die Regeln. Wir behalten die gute Laune, ja, das tun wir doch oder? Wir kaufen ein. Wir gehen spazieren. Und wir tun so, als ob uns das alles, die Gefahr, die Einschränkungen, nichts ausmacht. Wir kommen zurecht. Oder wir kommen nicht richtig zurecht. Oder wir werden verrückt?

Schon 1968 wusste man, wie die Welt für einen Demenzkranken aussehen könnte, aber nun sind wir alle demenzkrank oder warum sehe ich seit zwei Wochen einfach kein Mehl, keine Nudeln, kein Knäckebrot und kein Klopapier mehr in den Regalen meines Supermarktes? Und warum, bitte, holt mich hier niemand ab?

Selbstbildnis im Supermarkt

In einer
großen Fensterscheibe des Super-

Marktes komme ich mir selbst
entgegen, wie ich bin.

Der Schlag, der trifft, ist
nicht der erwartete Schlag
aber der Schlag trifft mich

trotzdem. Und ich geh weiter

bis ich vor einer kahlen
Wand steh und nicht mehr weiter
weiß.

Dort holt mich später dann
sicher jemand

ab.

(Rolf Dieter Brinkmann, 1968)


Christiane Eichhorn