Frisch und lecker
Von Rita Dietrich
Von Ferne hörte ich einen Marktschreier, konnte aber nicht verstehen, was er rief. Ich bewunderte das alte Städtchen Lintorf, das sich seinen dörflichen Charakter so liebevoll bewahrte. Bauernhäuser im Fachwerkstil, Wirtshäuser aus den 50er Jahren, Innenhöfe eigenwillig geschmückt. Hier könnte ich leben, dachte ich.
Wir überquerten die Holzbrücke über ein munteres Flüsschen, schlenderten an der Kirche vorbei, hielten an einem Wildgehege und gelangten auf den Vorplatz eines großen Bauernhofes. Hier standen viele Trödler mit ihren Angeboten. Es gab Bücher, Gläser, Spiel-sachen, Fahrräder, Klamotten, alles war zulässig. Den Marktschreier hörte ich immer noch. Unser Weg führte durch ein kleines Wäldchen, sehr romantisch, und auf einer Lichtung sah ich ihn. Ich wusste nun, was mir an seinem Rufen aufgefallen war. Er sprach niederrheinischen Dialekt und sah aus wie ein Holländer. Seine Haare waren hellblond und sein Gesicht wettergegerbt, wie es oft Menschen haben, die draußen arbeiten.
„Hier seid ihr willkommen, die Pilzsaison ist eröffnet“, rief er laut. Er saß an einem kleinen Tisch mit einigen Altertümchen, umgeben von unzähligen Kästchen voller weißer Champignons. „Die habe ich heute in der Frühe geerntet, ganz frisch und lecker.“ Und er gab uns sein Rezept preis. Die Leute blieben standen und staunten wegen der Vielzahl der Kartons mit verführerischem Inhalt. Der Niederrheiner rief: „Hier können Sie ihre Familie dezimieren.“
Eine Frau entgegnete: „Aber ich habe doch nur so eine kleine Familie.“
„Ja“, sagte er, „ich mittlerweile auch“. Und er grinste.
Ich lachte; ich fand ihn köstlich. Wir kauften Pilze, wie viele andere Leute auch.
Und: Hurra, wir leben noch!!